Chronik: 1950–1959

Was in unserem Dorf geschah:

Ende 1949 und Anfang 1950 kehrten die letzten Soldaten unseres Dor­fes aus russischer Kriegsgefangenschaft heim.

Schon früh kümmerte sich die Gemeindevertretung um die Belange und Bedürfnisse der Jugend. Am 21.12 1950 wurde die Einrichtung eines Ortsjugendheimes beschlossen und bereits am 25.2. 1951 in einem Nebenraum der Gastwirtschaft Ketzer eingeweiht. Hier fand ebenfalls die neu geschaffene Gemeindebücherei ihren Platz.

Zur selben Zeit wurde in der Gemeindevertretung der Entschluß zum Kauf des Hauses Witzenhäuser Straße 22 gefaßt. Dort sollte das neue Bürgermeisteramt entstehen. Am 12. November 1951 zog der Bürger­meister in die neuen Räume. Nur wenig später kam es zu Unstimmig­keiten zwischen dem SPD Ortsverein und Bürgermeister Heinrich Breithaupt. Dies führte zu seinem Rücktritt am 1. Februar 1952. Bis zur Neuwahl wurde Altbürgermeister Carl Kraft mit der Führung der Amtsgeschäfte beauftragt. Die am 4. Mai 1952 stattfindenden Ge­mein­de- und Kreitagswahlen brachten in Nieste folgende Ergebnisse:

Partei:

Gemeindewahl [%]

Kreistagswahl [%]

SPD

61,5

65,7

Dorf / bzw. Kreisgemeinschaft

38,5

28,3

Sonstige

0

6

Am 7. Juni 1952 wurde Andreas Kraft, der Sohn von Carl Kraft, zum neuen Bürgermeister unseres Dorfes gewählt.

  Bürgermeister Andreas Kraft

Die wichtigsten und dringendsten Aufgaben der neuen Gemeindever­tretung und des Bürgermeisters waren:

  • Instandsetzung und Ausbau des elektrischen Stromnetzes
  • Bereitstellung und Erschließung von Baugelände
  • Ausbau der Straßen und der Kanalisation
  • Instandsetzung und Verbesserung der Trinkwasserversorgung
  • "Bekämpfung der Kartoffelkäferplage"
  • Instandhaltung des Schulgebäudes

Die nächste Grafik zeigt die Haushaltsentwicklung unserer Gemeinde in den fünfziger Jahren:

Anhand der Zahlen kann man erkennen, daß es in unserem Dorf nicht zu einem gleichmäßigen stetigen Wachstums kam. In 1956 kam es zu Minderungen im Haushaltsvolumen. In 1958 wurde der Haus­halt durch den Kauf eines neuen Löschfahrzeugs für 21.000 DM, die Er­neuerung der Toilettenanlagen der Schule sowie dem Anbringen einer Blitzschutzanlage auf dem Schulgebäude stark strapaziert. Man be­mühte sich keine hohen Schulden zu machen, da die hohe Verschul­dung un­serer Gemeinde zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch in guter Erin­nerung war. Der Standpunkt der SPD geführten Gemeindever­waltung und Gemeindevertretung war der eines soliden Kaufmannes, der vor allem auf eine gesunde und gesicherte Kassenlage Wert zu legen hat­te. Es war trotz allem auch in Nieste der wirtschaftliche Auf­schwung in unserem Land bemerkbar. Im Oktober 1956 fanden wie­der Ge­mein­de- und Kreistagswahlen statt. Unsere Partei konnte sechs der neun Sitze im Gemeindeparlament erringen. Die übrigen drei Sitze gingen an die Dorfgemeinschaft. Unser Parteimitglied und damalige erste Vorsitzende Arthur Wenzel wurde bei diesen Wahlen erstmals in den Kreistag gewählt. Andreas Kraft wurde als Bürgermeister bestä­tigt. Zu den wichtigsten Aufgaben des neugewählten Gemeindeparla­ments zählten:

  • Erweiterung des Baugebietes 
  • Ausbau der Straßen und der Kanalisation 
  • Instandsetzung und Erweiterung der Trinkwasserversorgungs­anlage 
  • Instandsetzung und Ausbau des elektrischen Stromnetzes 
  • Neubau der Schultoiletten 
  • Ankauf des Sportgeländes

Am 16.12.1957 wurde Arthur Wenzel zum Kreistagsvorsitzenden ge­wählt. Er hat dieses Amt zwölf Jahre mit viel Geschick geführt und wurde danach 1. Kreisbeigeordneter.

Im November 1958 fanden Landtagswahlen in Hessen statt. In Nieste konnte unsere Partei nahezu 80% der Stimmen gewinnen. Insgesamt war die Landtagswahl ein Vertrauensbeweis für die SPD geführte Landesregierung unter Georg August Zinn.

Im Frühjahr des folgenden Jahres erkrankte unser Bürgermeister Andreas Kraft schwer. Am 18. Juni 1959 stirbt er an Lungenkrebs. Er lenkte die Geschicke unseres Dorfes sieben Jahre lang und war in dieser Zeit redlich um das Wohl unserer Gemeinde bemüht. Seine Ver­tretung übernahm der 1. Beigeordnete August Wolfram I. Da das Amt des Bürgermeisters damals noch nebenberuflich ausgeübt wurde und die Aufwandsentschädigung nicht groß war drängte sich niemand in das Amt des Gemeindeoberhaupts. Dennoch wurde bald eine Lö­sung gefunden. Karl-Heinz Siebert konnte seinen ausgeübten Beruf aufgrund einer chronischen Erkrankung nicht fortführen und wurde am 15.9.1959 zum neuen Bürgermeister unserer Gemeinde gewählt. Er war mit damals 34 Jahren einer der jüngsten Gemeindeoberhäupter im Kreis.

  Bürgermeister Karl-Heinz Siebert

Was in Deutschland und der Welt geschah:

Am Anfang der fünfziger Jahre kämpfte die junge Republik mit einer hohen Arbeitslosigkeit. Im Februar 1950 stieg sie erstmals wieder über die zwei Millionen Marke. Am 25. Juni des selben Jahres bricht der Korea-Krieg aus. Truppen Nordkoreas überschreiten den 38. Brei­tengrad und verletzen damit die Demarkationslinie zwischen sowje­tischer und amerikanischer Besatzungszone.

Der Film "Die Sünderin" mit Hildegard Knef wird im Januar 1951 ur­aufgeführt. Es ist eine sehr umstrittene Inszenierung, da er die Knef in einigen Nacktszenen zeigt. Aus diesem Grund hat sich der Hauptaus­schuß der Freiwilligen Selbstkontrolle geweigert, den Film freizuge­ben. Am 30. Januar 1951 stirbt der Vater des VW Käfer, Ferdinand Porsche im Alter von 75 Jahren.

Die Arbeitslosenzahlen sinken im Jahr 1951 deutlich unter zwei Millionen. Im August sind nur noch 1,3 Millionen Menschen ohne Arbeit. Am 6. Februar 1952 stirbt der englische König Georg VI. und wieder besteigt mit der noch heute regierenden Elisabeth II. eine Frau den englischen Thron. Im Juli des selben Jahres stirbt die Frau des argentinischen Präsidenten, Evita Peron. Sie war in der Bevölkerung hoch geachtet, da sie sich für die Rechte der Arbeiterinnen und Ge­werkschaften einsetzte.

In Deutschland trauern die Sozialdemokraten um ihren Vorsitzenden Kurt Schumacher. Er verstarb am 20. August 1952 im Alter von gera­de 56 Jahren. Erich Ollenhauer wird im Septenmebr zu seinem Nach­fol­ger gewählt.

Nach einer schweren Springflut und Deichbrüchen werden zu Beginn des Februars 1953 in den Niederlanden zahlreiche Ortschaften tage­lang von der Außenwelt abgeschnitten. Am 5. März 1953 stirbt der sowjetische Staatschef Josef Stalin. Im Mai bezwingt der Neuseelän­der Sir Edmund Hillary zusammen mit seinem Sherpa Tensing den Mount Everest. Am 17. Juni 1953 wird ein Aufstand von ostdeutschen Arbeitern blutig niedergeschlagen. Im Juli wird im Korea-Krieg eine Waffenruhe vereinbart.

Im Septemeber 1953 finden die zweiten Bundestagswahlen statt. Konrad Adenauer hat den Kanzlerbonus und erzielt mit 45,2% der Stimmen die absulute Mehrheit der Parlamentssitze.

Am 4. Juli 1954 wird die deutsche Fußballnationalmannschaft Welt­meister durch einen 3:2 Sieg gegen die Mannschaft aus Ungarn.

Albert Einstein, deutscher Physiker Entdecker der Relativitätstheorie e=mc² und Nobelpreisträger, stirbt am 18. April 1955 im Alter von 76 Jahren. Am 5. Mai des selben Jahres endet formell die Zeit des Be­satzungsregimes in der BRD nach der Hinterlegung der Ratifizie­rungsurkunden. Nach der Aufnahme der Bundesrepublik in die NATO wird als Reaktion am 14. Mai 1955 der Warschauer Pakt beschlos­sen.­ Am 6. Oktober 1955 kehren nach Verhandlungen Adenauers die letzten sowjetischen Kriegsgefangen heim. Ein Jahr später, am 24. Oktober 56, beginnt der Volksaufstand in Ungarn. Nur eine Woche später wird dieser Widerstand von russischen Panzern niedergerollt.

Zu Beginn des Jahres 1957 geben die Franzosen das Saarland an die Bundesrepublik zurück, da sich die Bevölkerung in einem Volks­entscheid für eine Rückkehr entschieden hatten. In Rom wird im März des selben Jahres der EWG-Vertrag von sechs Staaten unterschrieben. Aus diesem Vertrag geht unsere heutige EU hervor. Bei der Bundes­tagswahl im September 57 erzielt die CDU unter Konrad Adenauer die absolute Mehrheit. Am 3. Oktober 1957 wird Willy Brandt mit großer Mehrheit zum regierenden Bürgermeister von West-Berlin gewählt.

Fidel Castro übernimmt am 1. Januar 1959 die Macht in Kuba.

Mit großer Mehrheit wird am 15. November 1959 auf einem außer­ordentlichen Parteitag der SPD das sog. Godesberger Programm verabschiedet. Die Kernaussage des Programms lautete "Sozialismus wird nur durch die Demokratie verwirklicht, die Demokratie durch den Sozialismus erfüllt".

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